Jede Mediation ist streng vertraulich. Daher haben wir die Namen der Beteiligten geändert und den Konflikt verfremdet.

Generationswechsel

Medianden:
Inês, 23 anos, Betriebswirtin, ledig, keine Kinder
ist Nichte von:
Conceição, 63 Jahre, verheiratet, keine Kinder, Sekretärin
und ihrem Ehemann
António, 62 Jahre, keine Kinder, Ingenieur der Elektrotechnik

Konfliktsituation:
Das Familienunternehmen für elektrische Installationen wurde von Antónios Eltern gegründet. Es beschäftigt über António und Conceição hinaus acht Mitarbeiter – sechs Techniker und zwei Verkäufer – und schrieb bereits Jahresumsätze von einer Million Euro. In den letzten Jahren gingen die Aufträge jedoch immer weiter zurück, obwohl das Ehepaar alles tat, um der Entwicklung entgegenzuwirken. Eines Tages erschien ihre Nichte Inês, hoch motiviert und voller Tatendrang. Nach Abschluss ihres Masters in Betriebswirtschaft hatte sie von Antónios Eltern über 50 Prozent der Firmenanteile erhalten. Fest entschlossen, das Geschäft wiederzubeleben, wollte sie die Geschäftsführung übernehmen. Ein offener Dialog scheiterte und so entwickelte sich rasch ein ernster Konflikt zwischen a) Inês und b) Conceição und António.

Initiative:
Als sich Inês schließlich blockiert fühlte und das ganze Geschäft in Gefahr sah, öffnete sie sich ihrer Mutter, die von der Mediation als ideale Methode zur Lösung komplexer Konflikte gehört hatte. Sie machte sich schlau und schaffte es dann, ihren Onkel zu motivieren, bei einer Mediatorin ein Vorgespräch zu vereinbaren. Ihre Tante war dagegen, ging aber dann doch mit zum Termin, als sie erfuhr, dass sie jederzeit und ohne Begründung aus der Mediation aussteigen könne.

Erkenntnis:
Es handelte sich um einen klassischen Konflikt zwischen konservativen und progressiven Kräften. Es scheint ein natürliches Misstrauen zu geben zwischen Menschen, die vornehmlich erhalten wollen, und Menschen, die vornehmlich erneuern wollen. Urängste werden da schnell aktiviert. Für den Erfolg eines Geschäfts sind jedoch beide Extreme essenziell und vital. Sie ergänzen sich und erreichen wichtige Kompromisse für eine gesunde Zukunft. Zu eben dieser Erkenntnis gelangten Inês, António und Conceição in der Mediation. Sie sprachen über ihre Ängste in Bezug auf die Firmenergebnisse und wurden sich über ihr gemeinsames Ziel bewusst: blühende Geschäfte in naher Zukunft. Der Onkel und die Tante erkannten die Ausbildung ihrer Nichte als Mehrwert für die Firma an, und Inês erkannte die lange Markterfahrung von António und Conceição an.

Lösung:
In der Mediationsvereinbarung verpflichteten sich die drei, ein Team zu bilden, mit dem Ziel, die Firma zu einem Wachstum von 3 % im nächsten Jahr und von 5 % in den beiden Folgejahren zu führen. Sie vereinbarten einen ausführlichen Maßnahmenkatalog. Daraus einige Beispiele:
– eine tägliche einstündige Besprechung unter ihnen zum Thema Neugestaltung/ Neuausrichtung des Geschäfts
– eine wöchentliche Besprechung mit den Mitarbeitern, um sie einzubinden und auf Stand zu halten
– die Verträge mit allen Lieferanten zu analysieren und neu zu verhandeln
– eine Agentur für Marketing und Kommunikation zu beauftragen
– in eine neue Webseite zu investieren sowie in eine Weiterbildung zum Thema „Verkaufstechniken“ für die Verkäufer und Techniker

Ergebnis:
Die Familie ist wieder im Reinen mit sich und setzt sich mit vereinten Kräften für das Familienunternehmen und ein gesundes Betriebsklima ein. Sie ist motiviert und positiv gesinnt, offen über Entscheidungen zu diskutieren und Kompromisse zu erarbeiten. Damit haben alle gewonnen.