Jede Mediation ist streng vertraulich. Daher haben wir die Namen der Beteiligten geändert und den Konflikt verfremdet.
Konflikt zwischen Kolleginnen
Mediandinnen:
Ana, 58 Jahre, Verkaufsleiterin
und ihre Kollegin
Paula, 47 Jahre, Verkäuferin
Konfliktsituation:
Ana und Paula bilden das Verkaufsteam einer Firma. Dabei ist Ana nicht nur Paulas Kollegin, sondern auch ihre Vorgesetzte und direkt dem Geschäftsführer unterstellt. Beide Frauen sind starke Persönlichkeiten, jedoch mit gegensätzlichen Grundbedürfnissen. Ana ist konservativ und greift gerne auf altbewährte Methoden zurück, während Paula progressiv ist und gerne Neues ausprobiert. Der Konflikt begann sich kurz nach Paulas Einstellung zu entwickeln. Er verstärkte sich von Tag zu Tag, bis er schließlich unerträglich für die Beteiligten und die Firma wurde.
Initiative:
Der Unternehmensleiter kommunizierte seinen Mitarbeiterinnen: Entweder sie lösten ihren Konflikt oder eine von ihnen müsse gehen. Er schlug ihnen vor, in eine Mediation zu gehen, und lud eine Mediatorin ein, ihnen die Methode zur Konfliktlösung vorzustellen. Ana und Paula willigten ein. Schließlich ist eine Mediation vertraulich, und so würden nur die beiden Kolleginnen mit der Mediatorin sprechen, der Geschäftsleiter aber nichts vom Inhalt erfahren. Sie beschlossen, ihn lediglich über die Vereinbarung ins Bild zu setzen.
Erkenntnis:
In der Mediation entdeckten Ana und Paula, dass ihr Konflikt strukturell war. Paula konnte Ana einfach nicht als Vorgesetzte akzeptieren, für sie war sie vor allem eine Kollegin. Wenn aber eine von ihnen Chefin sein müsse, dann seien die Rollen hier klar vertauscht, schließlich habe sie, Paula, die „besseren Lösungen, die kreativeren und innovativeren“. Sie könne nur Anweisungen von Ana akzeptieren, wenn diese gut erklärt seien. Aufgrund dieser Haltung fühlte sich Ana infrage gestellt und versuchte, sich mit einem autoritären Stil zu behaupten. Die Mediandinnen entdeckten, dass sie über die gegensätzlichen Grundbedürfnisse hinaus auch ein gemeinsames Grundbedürfnis teilten: die Anerkennung. Und hier fanden sie ihre Brücke. Und sie entdeckten noch eine weitere Verbindung: Sie hatten ein gemeinsames Ziel. Beide strebten den maximalen Erfolg für ihr Unternehmen an. Diese Motivation hatte im Laufe des Konflikts allerdings stark Federn gelassen, denn ein Konflikt kostet viel Energie.
Lösung:
In der Mediationsvereinbarung legten Ana und Paula detailliert fest, wie sie in Zukunft zusammenarbeiten und miteinander umgehen wollen. Sie schrieben auch ihr gemeinsames Ziel hinein und definierten ihre Rollen und Aufgaben. Weiter nahmen sie Kommunikationsregeln auf sowie das an den Geschäftsführer zu richtende Gesuch, einen Kommunikationskurs besuchen zu dürfen, um die Kommunikation untereinander und zu den Kundinnen und Kunden zu verbessern. Zudem vereinbarten sie, Paulas Kreativität eine Chance zu geben. Sie dürfte nun neue Methoden ausprobieren, und die Ergebnisse würden gemeinsam und mit dem Geschäftsführer als neutrales Element bewertet werden. Schließlich machten sie aus, einmal in der Woche zusammen Mittagessen zu gehen, um sich besser kennenzulernen und mehr Vertrauen zu entwickeln.
Ergebnis:
Gewonnen haben: Ana, Paula, der Geschäftsleiter und die Firma. Ana und Paula konnten ein gesundes und motivierendes Arbeitsklima aufbauen. Auf dieser neuen Basis werden sie mehr leisten, gemeinsam erfolgreicher und damit zufriedener sein und weiter in ihre gute Beziehung investieren.
Konflikte zwischen Arbeitskolleginnen/ -kollegen führen zu Produktivitätsverlusten zwischen 20 und 30 Prozent.